Mittwoch, 25. Mai 2011
Schreibsplitter live - Dylan, Knef, Gildo, Bächler


"Being Jörg Erb"

Und nun?
Welcher nächste Geburtstag steht an? Es kommt mir vor wie damals in Kindertagen, als mich nach dem Fasching - der in meinem Neuss, in dem ich groß zu werden versuchte, Karneval genannt wurde - eine tiefe Traurigkeit erreichte, weil so plötzlich alles vorbei war. Aschermittwoch.

Den lebendigen Wandel, Bob Dylan - beides kannte ich damals noch nicht. Und so legte ich die Cowboykluft, den Colt mit den Knallplättchenrollen beiseite und mich selbst immer wieder mal vor die Musiktruhe.
Da drin sang die Knef vom Tapetenwechsel, den sich die Birke wünschte und ließ für sich ganz allein rote Rosen regnen. Ich badete drin und beäugte die Birke in unserem Garten.

Auf dem Kofferplattenspieler der Schwester, den ich auch benutzen durfte - durfte ich oder tat ich es nur, wenn die Schwester nicht da war? -, spielte andere Musik: Alexandra, Gitte, Marianne Rosenberg, Roy Black, Chris Roberts, Michael Holm, später dann Hermans Hermits, Gary Puckett & The Union Gap.
Meine erste LP, an die ich mich erinnern konnte: Rex Gildo.

Im Arbeitszimmer des Vaters lief in den Fünfzigern, so wurde berichtet, Brechts Dreigroschenoper, Ernst Busch und Süverkrüp vom alten Philipps-Tonband, und dann irgendwann gar keine Musik mehr, nur noch gelegentlich die Stimme des Vaters, wenn er versuchte die immer neu gesprochenen Worte so zu intonieren, dass sie das, was an ihm und in ihm klebte, endlich nach draußen und ihn endlich freigeben würden.
Er fand und fand keine Melodie. Und ich habe das bald schon gehört, ganz undeutlich.
Diese stumme Musik hat mich immer am meisten interessiert.

Irgendwann in diesen Sechzigerjahren kam Wolfgang Bächler zu uns ins Haus, der erste leibhaftige Dichter, dem ich begegnete. In einem Taxi, spät nachts im Regen.
Der war behaftet mit ähnlich Dunklem, fand aber Worte, die man still für sich singen konnte, selbst wenn man nicht dazu tanzen mochte.

Wolfgang Bächler (1925 - 2007) starb an einem 24. Mai, dem Geburtstag Bob Dylans.

http://www.myspace.com/joergerb/music/songs/Depression-I-II-77833169

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