Mittwoch, 11. Mai 2011
Jörg Erb mit "Being Bob Dylan" in Wien



Liebe Freundin,

ich danke dir für deine Beschreibung vom „Kunstraum Ewigkeitsgasse“ - mein erster Gedanke dazu: Hätte es einen schöneren Raum für mein Vorhaben geben können?
Ich erinnere mich noch gut an die Bücher Frederic Mortons, die ich ja damals als Verlagsvertreter noch anbieten durfte, die "Ewigkeitsgasse" war da aber noch gar nicht erschienen.

Was mir nicht klar war, obwohl ich gern nach dem Dritten suche: Ich komme mit Dylan nach Wien und finde dort dann Morton und die Geschichte seines Hauses - wunderbar.
Diese Verbindung, die du da zu meiner Freude durch deine Vermittlung hergestellt hast, gibt mir jetzt die Möglichkeit, das entworfene Programm noch weiter aber auch dichter zu gestalten. Und Dichter werden ja immer dringender gebraucht.

Gestern fiel mir ein Bild ein: Dylans Werk, in das ich, seit ich mit 13 das erste Mal von ihm erfuhr, immer wieder auf die eine oder andere Art scheinbar unbewusst schlüpfe oder zufällig gerate, um dann an einer ganz anderen Stelle ganz überrascht wieder draus hervorzutauchen, erscheint mir wie ein großes leerstehendes Gebäude mit ungezählten Türen und Fenstern, durch die aus immer wieder wechselnden Richtungen Sonnen-, oder auch gerne Mondlicht eindringt, für einen plötzlich und kurzen, intensiven Moment, der dann tatsächlich oft zunächst körperlich spürbar wird ohne je an einem einzigen Gefühl kleben zu bleiben. Man muss sich nur immer wieder hineinbewegen wollen oder nicht gleich nach dem nächstliegenden Notausgang suchen wollen – dann spürt man nämlich gar nichts mehr, nicht einmal die eigenen Ängste, die einen fortan als eine, das Lebendige verhindernde Befürchtungshaltung durch Tage und Nächte begleiten.

Vielleicht ist es gar nicht Dylans persönliches Gemäuer, das ich da vor mir sehe, aber er hat mich dort erstmals hingeführt, und vermutlich hat er selber dieses Gebäude mit Woody Guthrie erstmals betreten. Ich glaube, nur wenige kennen sich in diesen Räumen so gut aus wie er. Ob man dort, in dieser Wohnung der Worte, Bilder & Töne tatsächlich dauerhaft leben kann? Vermutlich nicht, Dylan selbst und sein Werk geben offen darüber Auskunft. Aber gäbe es dieses Gebäude nicht, würde ich mich dauerhaft heimatlos fühlen – und das wirkt, wie ich aus Erfahrung weiß, spürlos anders.

So unterwegs – dieses Gebäude immer vorm geistigen Auge, die Versinnlichung aller Dinge als persönlichste Aufgabe begreifend – bleibe ich gern ein Suchender, wenn ich auch meist arg rast- und ruhelos erscheinen mag und die dann momentan wiedergefundene Herberge alles andere als Komfort zu bieten hat.

Wer Songs & Lieder, Worte, Bilder, Töne sucht, um lebendig bleiben zu dürfen, hält sich hier nur für die Dauer des erschöpfenden Findens auf, so lange, bis er endlich gestalten und verkörpern darf, was lose in ihm waberte – und bis es gelingen mag, für höchste Ungeduld sorgen kann.
Diese Herberge erscheint mir oft als eine Art „Gasthof zum bitteren Ende“. Aber ist das nicht nur eine wertende Bezeichnung für einen Ort, an dem einige wenige trotz alledem oder aus purer Not Obdach suchen?
Der Aufenthalt hier, in diesem Haus, in dem Gott und die Welt als wandelnde Schöpfer ein und aus gegangen sind, dauert selten länger als ein Lied, das dich zu erreichen suchte und in dir ein Zuhause fand.

„Being Bob Dylan“ – Jörg Erb mit Bob Dylan in Wien

Am 13.05.2011 ist Jörg Erb zu Gast im Radio bei "You can't eat applause for breakfast" - Bob Dylan zum 70. Geburtstag. Gestaltung: Helmut Jasbar auf Ö1 (ORF) um 23.05 Uhr – 2.00 Uhr.
http://oe1.orf.at/programm/274482

Am 14.05.2011 um 20 Uhr „Being Bob Dylan“ – eine Hommage zum 70. Geburtstag im KUNSTRAUM EWIGKEITSGASSE, Thelemangasse 6, 1170 Wien.
Jörg Erb spielt und singt Dylan-Songs, die er ins Deutsche verwandelt hat, seine Lieblingsstücke des großen Singersongwriter-Kollegen im englischen Original sowie Songs & Lieder, zu denen Bob Dylan ihn inspiriert hat.

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