Samstag, 22. Januar 2011
Vom Wesen der Steine



Sie erzählten einander, wie sie gewesen waren, nicht wo. Die Orte waren nicht einmal mehr Kulisse.

Er beschrieb ihr minutenlang das erinnerte Bild eines Augenblicks – eines Bruchteils nur –, das ihn auch aus dem Abstand der Jahre noch merkwürdig verstörte und das sich, erneut ins Erzählte verwandelt, ein weiteres Mal verflüchtigte.
Es ließ ihn aber auf Dauer nicht los.

Anderntags hielt er einen Stein in der Hand.
Wie er ihn hielt, scheinbar beliebig hin und her wendete, ihn wieder und wieder anders umfasste und betrachtete, wie er ihn wusch und putzte, ihn bürstete, ölte und polierte, bis er anfing zu glänzen, bis das, was bisher verborgen war, endlich zu leuchten begann, war nur für ihn zum Ereignis geworden. Eines, das sich nicht festhalten ließ.

Ein Stein ist ein Ereignis, ein ganz unwesentliches.
Festgehalten über die Tage, die Nächte hinaus.
Der Bruchteil einer Geschichte.
Ein Ereignis von Dauer.

Ich erzähle dir das nur, damit du dich wunderst, wenn du eines Tages einen Stein findest, den ich verlor.

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