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Mittwoch, 2. Februar 2011
Being Bob Dylan
joeheritage, 15:28h
jokerman
Ich hatte das Schonungslos nicht eigenhändig gezogen; die Niete erst versprach mir die Freiheit.
Politisch hatte ich nichts mehr zu sagen; die Polizei ist wirklicher als die Politik. Das war immer so; jedes Land schützt seine Grenzen entsprechend der dem Bürger eingeräumten Rechte, sich entlang seiner Gemarkung bewegen zu können – oder eben still stehen zu bleiben.
Ich glaube, es war jetzt an mir, mich anders zu bewegen. Ich selbst war jetzt anders.
Ich versinnlichte alle Regeln.
Bürgerpflichten sind tiefer im Inneren zu suchen; Grenzen sind hier nur gesteckt.
Man warf mir vor, persönlich zu werden; das Gegenteil hatte mich beinah umgebracht.
Ich wollte mir nicht mehr in die Karten gucken lassen; ich gab das Spiel also auf. Womit drohte man mir? Wer waren sie denn? Diese kindliche Frage sollte noch immer erlaubt sein.
Unter dem Schatten des schweigenden Monds berge ich einen Abgrund; ich stopfe das Loch bis zur nächsten Nacht – übermüdet & wach –, im Kreislauf eines Blinden.
Im Traum bin ich ein Spiegel mit offenen Armen.
Was hörst du, wenn du vorm Spiegel stehst?
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Währungsreform
joeheritage, 03:41h
Falschgeld
Es hatte Falschgeld geregnet
Zunächst war es nur ein feiner unbeständiger
Sprühregen gewesen, kaum merklich
Durchfeuchtete sich mein kleiner ausgetrockneter Garten
Ich hatte gehofft, Geld möge wachsen
Nur allmählich ließ sich die Währung erkennen
Kupfernes blinkte, erst legten sich nur Pfennige ins Gras
Das Messing blieb stumpf
Ab und an, nur selten blitzte es silbern
Und golden war nichts, was da glänzte
Wind kam auf im Frühjahr
Blieb über den Sommer, zum Herbst dann ein Land-, ein Dauerregen
Kraut schoss, es kamen die Wespen, die Mäuse
Das Obst fiel vom Baum, verfaulte an Zweigen
Verkrüppelt vom Hageln der Münzen
Es war kein Schnee mehr zu sehen
Als im Winter der Dollar fiel
Papier auf dem Eis unter den scharfen Kufen
Mit denen ich Mengen, Werte umriss und durchschnitt
Ich zog meine Kreise bedacht auf Bilanz
Das Geld war nicht mehr zu halten
Als das Wasser stieg mit der Schmelze, es zerdrückte die Mauern
Es kroch durch die Türen und Fenster
Das Haus war ein Sieb mit immer größeren Löchern
Mich riss das Wasser fort; es schwemmte mich in den Garten
Wieder kommt Wind auf jetzt, ich bete
Er wüchse, er trüge die Reste
Vom Schimmer des Messings, des Kupfers, des Silbers
Er nähme das Falsche, das Faule vom Baum
Und immer noch Wespen, immer noch Mäuse.
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Dienstag, 1. Februar 2011
Meinungsbildung
joeheritage, 11:25h
Eine Meinung ist zunächst immer unpersönlich, auch wenn sie wahrgenommen wird.
Als Wahrheit behauptet, herrscht sie gern vor und schränkt hervorragend ein.
Bis du sie in Frage stellst.
Wenn zwei sich streitend behaupten, hast du kaum eine Chance.
Einer von beiden bestreitet dich fast immer.
Du könntest den Dritten fragen, warum er sich freut.
Die vorherrschende Meinung hat keine Ahnung, woher sie kommt.
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Montag, 31. Januar 2011
Nächtliche Überlegung
joeheritage, 13:52h
Der Schläfer
Wo wir übernachten, wissen wir meistens.
Aber wie man sich auch betten mag, manchmal kommt der Schlaf selbst ungelegen.
Ein Dach überm Kopf & von der Hand in den Mund.
Ich kann das schätzen – besser als umgekehrt. Obwohl man so wahrscheinlich besser die Tauben erreicht, wollte ich meinen; aber die galten mittlerweile als fliegende Ratten.
Meinem Spatzen und mir nützte das nichts.
Überlegenheit ist mir am liebsten, wenn sie in Gestalt eines schönen Gedankens daherkommt – schlendernd, ausgeschlafen & aufgeweckt.
Und glaubt mir: Zuerst fliegt der Gedanke.
Einen Fehler, der mir unterlief, hätte ich nicht übergehen dürfen.
Ich hielt ihn in der Hosentasche versteckt und spielte nervös damit herum. Die andern meinten zunächst, es sei ein Schlüssel, der da so klimpert.
Von den anderen Dingen will ich heute nicht reden.
Lasst uns das auf ein anderes Mal vertagen.
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache. [...] Der absurde Mensch sagt ja, und seine Anstrengung hört nicht mehr auf. Wenn es ein persönliches Geschick gibt, dann gibt es kein übergeordnetes Schicksal oder zumindest nur eines, das er unheilvoll und verachtenswert findet. Darüber hinaus weiß er sich als Herr seiner Tage. In diesem besonderen Augenblick, in dem der Mensch sich seinem Leben zuwendet, betrachtet Sisyphos, der zu seinem Stein zurückkehrt, die Reihe unzusammenhängender Handlungen, die sein Schicksal werden, als von ihm geschaffen, vereint unter dem Blick seiner Erinnerung und bald besiegelt durch den Tod. Derart überzeugt vom ganz und gar menschlichen Ursprung alles Menschlichen, ein Blinder, der sehen möchte und weiß, daß die Nacht kein Ende hat, ist er immer unterwegs. Noch rollt der Stein. […] Dieses Universum, das nun keinen Herrn mehr kennt, kommt ihm weder unfruchtbar noch wertlos vor. Jeder Gran dieses Steins, jedes mineralische Aufblitzen in diesem in Nacht gehüllten Berg ist eine Welt für sich. Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Albert Camus, Der Mythos des Sisyphos: 6. Aufl., Reinbek, 2004. S. 159f.
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Mythos_des_Sisyphos
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