Montag, 7. Februar 2011
Schweig, Hausen!




Sonntagnachmittag. Kein Auto. Kein Vogelgezwitscher. Kein Geräusch. Und auch kein Mensch. Doch, nach fünfhundert Metern sehe ich sie: eine alte Dame am Rollator. Langsam schiebt sie sich mir entgegen. Wir grüßen einander.
Sie schiebt hinter mir her, und ich drehe unvermittelt um, weil das Dorf hier bereits beendet ist. Und dann frage ich sie, ob es sein kann, dass dieser Ort einmal anders geheißen habe.
Nein. Sie blickt in Gedanken geradeaus, lächelt und erinnert sich. Sie hat ja hier schon immer gelebt, ist hier geboren und aufgewachsen. Sie hat hier geheiratet und ist dann einmal umgezogen. Das Dorf ist 750 Jahre alt, sagt sie und zeigt mir die Tafel am Ortsausgang, die so bunt ist, wie das Dorf mir grau erscheint.
Da haben sich zwei mal furchtbar gestritten, sagt sie. Und der eine muss dann zum andern gesagt haben „Schweig, Hausen!“. Ihr linker Zeigefinger deutet ganz langsam die Drohung an, sie lächelt versonnen und lässt ihre Hand in der Geste verharren. Und ich frage mich, welche Bilder, Worte und Töne sie jetzt in sich vorbeiziehen sieht.
So kam das Dorf zu seinem Namen, sagt sie. Ich bedanke mich und sage auf Wiedersehen. Sie verabschiedet mich. Und als wir schon auseinander sind, höre ich sie in meinem Rücken noch etwas sagen: „Und habe ich gern gesprochen, mit Ihnen.“

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