Donnerstag, 10. Februar 2011
"Fluss ohne Ufer"



Der Fluss weiß weder von Einfluss noch sucht er sich sein Bett; er schläft nie und will immer zum Meer, solange du ihn fließen lässt.
Versuch ihn ruhig anzuschieben; er nimmt dich auch treibend auf. Nimm das stark an.
Versuch ihn nicht aufzuhalten; er wird dich übergehen. Oder, wenn du Glück hast, reißt er dich mit, wenn du gerade alleine bist und nicht damit rechnest.
Lass dich von Zeit zu Zeit ans Land spülen, damit du siehst, wer sich außer dir noch auf ihm treiben lässt.

Den Fluss ohne Ufer, den gab es nicht. Bis einer kam, der ihn beschrieb.

Ich war Buchhändler und hatte nie vorher von Hans Henny Jahnn gehört, bis ich im Rotlind-Café in Frankfurt am Nebentisch einem jungen Mann einfach lauschen musste, der von "Fluss ohne Ufer" seinem Gegenüber erzählte, als sei er diesem Fluss gerade selbst entstiegen.
Kurze Zeit später kam Günter Lemke, der HoCa-Vertreter mit der Ankündigung der Werkausgabe im Gepäck in unseren Buchladen in Hanau. Die Hamburger Ausgabe in Einzelbänden, in Leinen und im Schuber, bestellte ich sofort zur Fortsetzung und bekam darüber vermutlich Krach mit Dieter, meinem Compagnon oder gleich mit dem ganzen Kollektiv, das keines war. Kein Mensch fragte danach, nicht mal als die Bücher im Laden bereits Staub gefangen hatten. Ich kaufte sie schließlich selbst und besaß sie zunächst glücklich.
Nach drei Bänden ging mir aber das Geld oder die Lust aus. Vielleicht war ich auch der ständigen Diskussionen mit Dieter überdrüssig geworden, der immer ein besserer Kaufmann war als ich. Im Zweifel war ich lieber das Buch, er der Händler.
Später kaufte ich mir nur wegen des Titels oder aus altem Trotz "Jeden ereilt es". "Fluss ohne Ufer", die Trilogie, besitze ich bis heute nicht.
Heute Morgen erfuhr ich im sozialen Netzwerk, dass Heinz Rudolf Kunze doch nicht, wie irrtümlich angenommen, über Jahnn promoviert hat, dafür aber Dr. Manfred Maurenbrecher. Dessen wunderbares "So,so..." als Kommentar zu dem sympathischen Irrtum, der ein von Maurenbrecher gepostetes Bild nebst Hinweis auf diesen "tollsten Text, den ich kenne" kommentieren wollte, in dem aber der Doktortitel baden ging, bringt mich dem Fluss nun wieder nah.
Jetzt kommt es auf die Geburtstagsliste, als eins der wichtigsten Bücher, von denen ich bis heute lediglich eine wundersame Ahnung habe.
Mal schauen, bis Mai fließt noch viel Wasser die Bille, die Elbe und den Rhein Richtung Meer - bis dahin mag ich's am liebsten vergessen haben.

http://www.perlentaucher.de/buch/13817.html

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"Das Gepäck bestimmt die Gangart"



Wenn sich einer vermeintlich umständlich ausdrückt, hat er sich vielleicht nur einfach eines schwerwiegenden Details seiner Umstände und ihrer noch unpersönlichen Verhältnisse angenommen; der steht womöglich gern vorübergehend still und lauscht, bis eine Meinung wortreich im Boden der Tatsachen versickert, die Freund, Feind & Co. bislang noch im Weg gestanden war. Gelassen kann wenigstens einer so weitergehen – und sei es nur durchs Alphabeet. Das kann – je nach Standpunkt – zu wenig, mag aber auch viel gewesen sein. Ich persönlich mag daran glauben, dass er es liebend gern beschrieb.

„Das Gepäck bestimmt die Gangart“ (Jan Erik Vold)

Das virtuelle Archiv wies eine Lücke auf. Volds schöner Satz ließ sich auf die Schnelle im Netz nicht finden. Das mag ich ändern; so sei es.

http://www.waldgut.ch/e35/e696/e908/

http://www.myspace.com/joergerb/music/songs/14-Vielleicht-foolsgarden-mp3-73263303

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